Streetphotography und die DsGVO

Das Thema treibt mich sehr um, daher hier ein Artikel zu der Thematik.

Nicht eingehen möchte ich auf das Kunsturhebergesetz oder andere Gesetze, die die Streetphotography in Deutschland beeinflussen, sondern mich ganz auf die DsGVO beschränken.

Ferner gibt es schon einige Artikel im Internet (muss man nur nach googeln…), die von Rechtsanwälten verfasst wurden und sich hauptsächlich an Berufsfotografen wenden. Hier möchte ich dagegen die Streetphotography speziell aus der Sicht des Amateurfotografen aufzeigen.

Hinweis: Ich bin auch kein Experte für dieses Thema, d.h. ich schildere hier nur mein Verständnis zur DsGVO. Wenn Sie professionellen Rat suchen, wenden Sie sich bitte an einen Rechtsanwalt!

Sind Amateuerfotografen von der DsGVO betroffen?

Wie Art. 2 Abs. 1 DsGVO klarstellt, ist Regelungsgegenstand die Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind. D.h. anders als beim KUG, bei dem der Akt des Veröffentlichens die Rechtsfolgen auslösen, ist hier bereits die Aufnahme mit einer Digitalkamera oder einem Smartphone bereits Regelungsgegenstand.

Wichtig ist für Amateurfotografen dann aber Art. 2 Abs. 2c) DsGVO: Die Verordnung findet keine Anwendung bei Verarbeitung von Daten durch natürliche Personen zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten. Wie diese Vorschrift durch die Gerichte ausgelegt werden wird, wird sehr spannend werden. Denn wenn ich als Amateurfotograf, also als natürliche Person, für mich privat auf der Straße Aufnahmen in meiner privaten Kamera mache und diese Aufnahmen sonst kein anderer zu Gesicht bekommt – also in meiner Privatsphäre verbleibt – dann sehe ich diese Vorschrift als gegeben an.

Erst in dem Moment, in dem die Aufnahmen meine Privatsphäre verlässt, z.B. indem ich das Bild veröffentliche, wird Art. 2 Abs. 2c) DsGVO betroffen sein. Insofern ist eigentlich kein Unterschied zum KUG.

Biometrik bzw. Identifizierung von aufgenommenen Personen

Nach Art. 4 Nr. 1 DsGVO liegen personenbezogenen Daten dann vor, wenn die Person identifizierbar ist. D.h. ich kann aufgrund des Bildes auf seine Identität schließen. Wenn ich einen Menschen von hinten aufnehme, dann wird eine Identitätsfeststellung nur möglich sein, wenn derjenige auf der Rückseite seinen Namen sichtbar macht.

Also dieses Bild ist völlig unkritisch:

(Kiss, 2018)

Daher werden kritisch nur die Bilder sein, bei denen das Gesicht erkennbar ist. Also vermutlich nicht identifizierbar ist die Person auf diesem Bild (allenfalls die Tattoos sind kritisch):

(Forbidden Streetphotography, 2018)

Interessant wird es also, wenn das Gesicht abgebildet wird. Hier wäre eine Identifikation dann möglich, wenn aufgrund biometrischer Verfahren das Gesicht einer Person zugeordnet werden kann.

Hierzu schreibt Art. 4 Nr. 14 DsGVO was unter biometrischen Daten zu verstehen ist: „mit speziellen technischen Verfahren gewonnene personenbezogene Daten zu den physischen, physiologischen oder verhaltenstypischen Merkmalen einer natürlichen Person, die die eindeutige Identifizierung dieser natürlichen Person ermöglichen oder bestätigen, wie Gesichtsbilder oder daktyloskopische Daten“.

Ich möchte nicht im Detail auf Verfahren wie das Elastic-Graph-Matching oder das Eigenface-Verfahren eingehen. Als Nagelprobe kann gelten: Wenn die Gesichtserkennung bei Facebook das Gesicht jemanden zuordnen kann, liegen personenbezogene Daten vor.

Noch ein Hinweis, da auf Spiegel-Online etwas aus meiner Sicht Verwirrendes zur DsGVO stand: Der Schutz der DsGVO betrifft nur Personen, keine Tiere! Sie können weiterhin auch als Berufsfotograf Katzenfotos machen und veröffentlichen, wie sie Lust und Laune haben!

Grauzone: Sehr spannend wird es werden, wie mächtig die automatischen Gesichtserkennungssysteme sind, d.h. können Personen identifiziert werden, die dicke Sonnenbrillen tragen? Oder Personen mit Profilaufnahme? Hier werden sich vermutlich die meisten Streitigkeiten entzünden.

Hier ein Beispiel für eine Profilaufnahme:

(Secret guardian, 2018)
EInwilligung der Betroffenen PERSON

Wenn also personenbezogene Daten vorliegen, weil das Gesicht ohne Zweifel identifizierbar ist, und das Bild auch veröffentlicht wurde, dann ist gemäß Art. 6 Abs. 1a) DsGVO eine Einwilligung der betroffenen Person notwendig!

In der DsGVO habe ich übrigens keinen Hinweis gefunden, WANN die Einwilligung vorliegen muss. Daher gehe ich persönlich davon aus, dass eine „heilende“ Einwilligung auch noch nachträglich erfolgen kann.

Klar ist nach Art. 7 Abs. 3 DsGVO, dass selbst eine schriftliche Einwilligung nichts hilft, wenn die betroffene Person nachträglich die Einwilligung widerruft.

Folgen bei nicht vorhandener Einwilligung

Wenn keine Einwilligung vorliegt, obwohl personenbezogene Daten verarbeitet wurden, dann hat die betroffene Person ein Recht auf Löschung des Bildes.

Rechtskosten, die die betroffene Person hatte, müssten dann auch vom Amateurfotografen erstattet werden. Ich gehe davon aus, dass die Gerichte fordern werden, dass vor einem Gerichtsverfahren außergerichtlich eine Löschung von der betroffenen Personen gegenüber dem Amateurfotografen einzufordern ist.

Daneben kann es teuer werden, denn die sog. Aufsichtsbehörde kann Bußgelder bis zu 20 Mio Euro verhängen.

Was bedeutet das jetzt für die Praxis?

Im Grunde war in diesem Fall schon nach dem KUG eine Einwilligung erforderlich. Daran haben sich einige Streetfotografen unter Berufung auf die Kunstfreiheit ohnehin nicht gehalten. Eine Stellungnahme des Bundesministerium des Innern (lässt sich durch googeln gut finden) deutet darauf hin, dass dies von den Behörden ähnlich gesehen wird. Das bedeutet im Endeffekt, dass sich für die Aufnahme- und Veröffentlichungspraxis nicht viel ändern wird. Lediglich das Speichern und Verarbeiten der Daten auf dem heimischen PC erfordert mehr Sorgfalt in Bezug auf Datenschutz.

Interessant wird auch werden, inwieweit die Gerichte in der Ermächtigung nach Art. 85 Abs. 2 DsGVO dahingehend auslegen, dass in Form des KUG bereits eine entsprechende Sondernorm existiert.

UPDATE: Inzwischen gibt es Stellungnahmen sowohl von der EU, als auch dem BMI, die darauf hindeuten, dass die DsGVO für private Fotografen durch das KUG verdrängt wird. Ein privater Fotograf mit Blog muss sich aber bei seinem Blog hinsichtlich der anderen Teile der DsGVO (z.B. Kommentarfunktion etc) an die neuen Datenschutzrichtlinien halten. Wer mehr zur aktuellen Lage sucht, kann googeln oder es gibt auch einen ganz guten Überblick unter https://www.fotorecht-seiler.eu/dsgvo-fotografie-kug-update/ .

Abmahnanwälte

Im Internet steht zur Zeit sehr viel zu Abmahnwellen und Abmahnanwälten, wenn es um die DsGVO geht.

Ich sehe dies persönlich nicht ganz so kritisch. Denn auch ein Abmahnanwalt kann nicht ohne die betroffene Person abmahnen, da fehlt ihm aus meiner Sicht das Rechtschutzbedürfnis.

Interessante Randnotiz: Wenn der Abmahnanwalt gegen einen Amateurfotografen vorgeht, dann muss er persönliche Daten des Amateurfotografen in seinen Bürosystemen speichern. Auch für diese persönliche Daten gilt die DsGVO! D.h. wird man als Amateurfotograf abgemahnt, dann kann der Amateurfotograf auch eine Unterlassung gegenüber dem Abmahnanwalt einfordern!

Es bleibt insgesamt spannend…

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